Brandschutz und Bestandschutz im Altbau Besonderheiten und Durchführung KEVOX

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Nicht nur in Stadtkernen spielen Wohnen und Arbeiten in Altbauten für immer mehr Menschen eine zunehmende Rolle. Auch auf dem Land ist der Trend zu spüren, sich in Altbauten, wie zum Beispiel Resthöfen, Fabrikgebäuden oder leerstehenden Handwerksgebäuden ein neues Refugium zu schaffen, oder als begehrtes Mietobjekt am Markt anzubieten. Doch der scheinbare Widerspruch zwischen Erhalt des Altbestandes und der Einhaltung des Baurechtes (und da insbesondere des Brandschutzes), birgt so manche Probleme und Herausforderungen, die beachtet werden müssen. Insbesondere die Frage nach dem Erhalt des Bestandsschutzes des Altbaus steht hier immer im Raum.

Was bedeutet Bestandsschutz? 

Artikel 14 (1) des Grundgesetzes garantiert die Gewährleistung des Eigentums und schützt den Eigentümer vor unzulässigen Eingriffen des Staates. Das heißt, dass ein Gebäude, wenn es einmal nach den gesetzlichen Vorgaben errichtet wird, in gewissem Rahmen in dieser Form bestehen bleiben kann. Für das Gebäude ist somit in der Regel nicht die aktuelle Gesetzeslage gültig, sondern die, welche zum Zeitpunkt der Erstellung gültig war.

Voraussetzung dafür ist allerdings, dass

  • das Gebäude tatsächlich so errichtet wurde, wie es der gesetzliche Rahmen zum Zeitpunkt der Entstehung vorgesehen hat.
  • von dem Gebäude keine Gefahr für die Allgemeinheit (insbesondere für Menschen und Tiere) ausgeht.
  • die Nutzung des Gebäudes gleich bleibt.
  • die Bausubstanz sich im Wesentlichen nicht verändert hat, zum Beispiel durch Um- oder Anbauten oder durch (Teil-)Abrisse.

Schon wenn nur einer dieser Punkte zu verneinen ist, kann der Bestandsschutz des Gebäudes ganz oder teilweise gefährdet sein und erlöschen. Im Extremfall wird der Altbau dadurch zu einem Schwarzbau und die weitere Nutzung kann sogar untersagt werden.

Gänzlich unbekannt ist hierbei freilich oft der zweite Punkt der obigen Aufzählung. Denn bei einer brandschutzrechtlichen Gefahrenlage für Leben oder Gesundheit, also einem groben Verstoß gegen §14 MBO ist die Bauaufsichtsbehörde sogar befugt, Anpassungen des Altbaus an den geltenden Brandschutz zu verlangen und sogar mit sofortiger Wirkung die Nutzung zu untersagen. (Siehe zum Beispiel OVG NRW, 2 B 666/14 vom 04.07.2014)

Wieso kommt es häufiger zu Bränden in Altbauten als in neuen Häusern? 

Die allermeisten Altbauten wurden im Vergleich zum modernen Bauwesen oftmals mit Materialien errichtet, die das Ausbreiten eines Feuers nicht nur nicht verhindern, sondern sogar beschleunigen. Insbesondere das Baumaterial Holz spielt hier eine tragende Rolle, im wahrsten Sinne des Wortes. Denn die statisch relevanten tragenden Bauteile wie Stützen, Decken und Deckenbalken wurden in sehr vielen Altbauten aus Holz errichtet. Hinzu kommt, dass der oftmals einzige bauliche Rettungsweg aus den Obergeschossen, also der Treppenraum, ebenfalls aus diesem Baustoff besteht. Im Brandfall also genügend Nahrung für die schnelle Ausbreitung des Feuers, das dann aus den genannten Gründen schnell zum Totalverlust des Altbaus und aufgrund der Ausführung der Rettungswege zu schwersten Personenschäden führt. Nicht selten kann der Brand dann insbesondere im Innerortsbereich auch auf umstehende andere Altbauten übergreifen. Abstandsflächen sind hier oft gering oder nicht vorhanden und bauliche Maßnahmen, wie z.B. Brandwände fehlen oder sind nur unzureichend.

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Welche weiteren Gefahrenquellen gibt es im Altbau? 

Des Weiteren gibt es zusätzliche Gefahrenquellen, die oftmals in Altbauten lauern:

  • Veraltete Elektroanlagen, die den heutigen Vorschriften nicht entsprechen
  • Einzelöfen
  • Fehlender Blitzschutz
  • Fehlende Rauch- oder Brandmelder
  • Fehlende Feuerlöscher
  • Fehlende Brandabschnitte
  • Fehlende Rauchabzüge

Was hat Vorrang: der Bestandsschutz oder der Brandschutz und wieso ist das so?  

Auch wenn das Eigentum und damit der Bestandsschutz als hohes Gut durch Artikel 14 (1) Grundgesetz gedeckt ist, so setzt der gleiche Artikel unter Satz 2 dem wiederum auch Grenzen, da der Gebrauch von Eigentum zugleich dem Allgemeinwohl dienen muss. Konkret heißt das, dass der Bestandsschutz für Altbauten so lange gilt, als das Allgemeinwohl nicht gefährdet ist. Dass das Allgemeinwohl bei Bestehen einer brandschutzrechtlichen Gefahrenlage gefährdet ist, ist offensichtlich. Die Ordnungsbehörden können von daher mit einem Anpassungsverlangen neben einer Nutzungsuntersagung reagieren (vergl. auch §85 (1) MBO). Die ordnungsbehördliche Eingriffsschwelle ist bei Brandgefahren dabei aufgrund der Gefährdung des Allgemeinwohles tendenziell niedrig. Es genügt, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit gegeben ist, dass eine Gefahr für die Schutzziele eintreten könnte, falls bestimmte Brandschutzmaßnahmen nicht ergriffen werden.

Was sind die Besonderheiten beim Brandschutz im Altbau mit Bestandsschutz? 

Auch für den Altbau mit Bestandsschutz gilt grundsätzlich, was durch die Bauordnungen der Länder festgelegt (vergl. §14 MBO) ist:

„Bauliche Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind.“

Im Altbau mit Bestandsschutz können aber Diskrepanzen mit anderen Vorschriften entstehen, hier sei zum Beispiel der Denkmalschutz erwähnt. Durch diese anderen Vorschriften können zum Beispiel Bauarten oder Baustoffe geschützt sein, die nach heutiger (Bau-)Rechtslage für die Erstellung eines Bauwerkes unzulässig wären.

Worin unterscheidet sich der Brandschutz im Altbau von dem normalen Brand-schutz in neueren Gebäuden? 

Im Altbau verwendete Materialien entsprechen in der Regel nicht den Anforderungen der Brandschutzvorschriften an einen heutigen Neubau. Sollen oder müssen diese im Altbau verwendeten Materialien erhalten bleiben, weil sie zum Beispiel als Bauteil oder als Ganzes denkmalgeschützt sind, müssen Wege gefunden werden, diese Materialien zu erhalten, ohne den Brandschutz zu gefährden. Hier kann zum Beispiel durch das (chemische) Behandeln brennbarer Baustoffe und die Erhöhung der Feuerwiderstandsklasse Abhilfe geschaffen werden (siehe DIN 4102 – Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen).

Welche weiteren Maßnahmen gibt es, das Brandrisiko in Altbauten zu minimieren? 

Neben der oben genannten chemischen Behandlung von Baustoffen gibt es weitere Möglichkeiten des vorbeugenden Brandschutzes das Brandrisiko im Altbau zu reduzieren:

  • Sicherung von erstem und zweitem Rettungsweg
  • Errichtung oder Anpassung von Brandwänden
  • Erneuerung der Elektroanlagen
  • Modernisierung der Heizungsanlagen
  • Installation von Blitzschutzanlagen
  • Installation von Rauch- und/oder Brandmeldern
  • Installation von Feuerlöschern oder Brandbekämpfungsanlagen
  • Einrichtung von Brandabschnitten
  • Errichtung von Rauchabzügen

Für den zweiten Rettungsweg sei an dieser Stelle angemerkt, dass dieser im Altbestand oftmals nur durch Rettungsgerät der Feuerwehr (zum Beispiel durch Schaffung eines oder mehrerer Notausstiege) geschaffen werden kann. Dann ist auch sicherzustellen, dass das entsprechende Rettungsgerät der Feuerwehr (zum Beispiel Steckleiter oder Drehleiter) an der vorgesehenen Stelle eingesetzt werden kann. Hier scheitert es oftmals an der Umsetzung. Die eigentlich für die Feuerwehr vorgesehenen Plätze werden dann zum Beispiel in Beete umgestaltet oder als Parkplätze genutzt, was der Rettung im Brandfall vollkommen entgegen steht.

Was ist im Brandschutzkonzept bei Häusern mit Bestandsschutz zu beachten? 

Das Brandschutzkonzept ist grundsätzlich zu verstehen als umfassende Darstellung aller brandschutztechnischen Maßnahmen. Neben der Beschreibung des Ist-Zustandes des Altbaus muss inhaltlich die Umsetzung der Schutzziele des Baurechts sichergestellt sein. Bei Altbauten mit Bestandschutz muss das Brandschutzkonzept den Ausgleich zwischen den gesetzlichen Vorgaben der Landesbauordnungen und den weiteren schützenswerten Interessen (zum Beispiel Denkmalschutz) schaffen. Dazu sind die Maßnahmen des vorbeugenden Brandschutzes mit Vorschlägen zur Sanierung oder Ertüchtigung des Altbaus zu beschreiben. Soweit (wie oben beschrieben) aufgrund der besonderen Situation (zum Beispiel Denkmalschutz) Abweichungen von Vorschriften, Normen und Richtlinien formuliert werden müssen, ist auch hier genau zu beschreiben, wie die in der Bauordnung formulierten Schutzziele auf andere Art erfüllt werden können.

Was sollte die Brandschutzdokumentation für Altbauten mit Bestandsschutz beinhalten? 

Die Brandschutzdokumentation ist unverzichtbar, um Maßnahmen des Brandschutzes angemessen und umfassend zu organisieren, zu koordinieren und zu kontrollieren. Die Dokumentation erzeugt auch Rechtssicherheit für den Bauherrn und den Betreiber, denn sie dient als Nachweis für die ordnungsgemäße Erstellung und (regelmäßige) Überprüfung der Brandschutzmaßnahmen unter Einhaltung der gesetzlichen und normativen Vorgaben. Sie hat damit eine wichtige Beweisfunktion. Es ist deshalb von besonderer Bedeutung die Dokumentation von Beginn an strukturiert, professionell und nachvollziehbar, idealerweise in digitaler Form zu führen. Dabei sind die Dokumente von Zeit zu Zeit zu überprüfen, entweder im Bedarfsfall, oder aufgrund von vorgeschriebenen Fristen.

Folgende Dokumente sollte die Brandschutzdokumentation (soweit für das jeweilige Gebäude gefordert bzw. zutreffend) enthalten:

  • Brandschutzkonzept
  • Bestellung von Brandschutzbeauftragten und Brandschutzhelfern und die Nachweise ihrer regelmäßigen Schulungen und Unterweisungen
  • Brandschutzordnungen A, B und C
  • Explosionsschutzdokument
  • Feuerwehrlaufkarten
  • Erstellerzeugnisse aller brandschutztechnischen Bauteile und Einrichtungen

Darüber hinaus haben der Bauherr oder der Betreiber zum Beispiel folgende brandschutztechnischen Bauteile und Einrichtungen auf ihre Wirksamkeit und Betriebssicherheit durch nach Bauordnungsrecht anerkannte Sachverständige prüfen zu lassen:

  • Lüftungsanlagen
  • CO-Warnanlagen
  • Rauchabzugsanlagen
  • maschinelle Anlagen zur Rauchfreihaltung von Rettungswegen
  • selbsttätige Feuerlöschanlagen, wie Sprinkleranlagen, Sprühwasser-Löschanlagen und Wassernebel-Löschanlagen
  • nichtselbsttätige Feuerlöschanlagen mit nassen Steigleitungen und
  • Druckerhöhungsanlagen einschließlich des Anschlusses an die Wasserversorgungsanlage
  • Brandmelde- und Alarmierungsanlagen
  • Sicherheitsstromversorgungen
  • Aufzüge

Auch die jeweils ausgestellten Prüfzertifikate und Zeugnisse für diese brandschutztechnischen Bauteile und Einrichtungen müssen in der Brandschutzdokumentation archiviert werden.

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